• Plus bleibt Plus, oder: Alte Liebe rostet nicht

    Raider heißt jetzt Twix, … sonst ändert sich nix.

     

    So ähnlich ist es bei Plus, das jetzt Netto heißt. Ok, es heißt nicht nur so, es ist Netto, und das schon seit Anfang 2009, als es noch Plus hieß. Aber jetzt hat Netto Ernst gemacht und Orange durch Gelb ersetzt.
    Ich hatte vorher noch nie von Netto gehört, was daran liegen mag, dass es eine süddeutsche Kette ist. (In Norddeutschland gibt es auch Netto, das ist aber eine dänische Kette. Was wird jetzt wohl passieren, wenn die beiden aufeinander treffen?)
    So war es mir aber auch mit Plus ergangen. Bis zum magischen Jahr 77, als ich Abitur machte und meine niederrheinische Heimat gegen eine rheinische Metropole tauschte, kannte ich nur einen Discounter, das war Aldi. Überhaupt kannte ich nicht viele Lebensmittelläden, in meiner Kindheit gab es auf der Materborner Allee den Konsum, mit Betonung auf der ersten Silbe. Dann zogen wir um und es gab mehrere Tante Emma-Läden, Gerards - Jansen, Siebers und Seegers. Das konnte nicht gutgehen bei 1600 Einwohnern, die zunehmend besser motorisiert waren und in Kleve bei Aldi einkauften. Oder bei Kaisers. Siebers machte zu, aus Gerards wurde Rewe, aus Seegers wurde Spar. Keinen gibt es heute mehr in Nütterden, dagegen aber einen Plus, weil sich die inzwischen 3000 Einwohner gegen Edeka gewehrt hatten, als wieder ein Lebensmittelladen an den Ort geholt werden sollte. Edeka habe ich übrigens auch erst in Bonn entdeckt, aber ich wusste von seiner Existenz wie von einer dunklen Verheißung. Na ja...

    Journal - Tagebuch

    Zurück zu Plus. Als ich in die Alexanderstraße zog, lag auf meinem Weg zur Uni an der Ecke Oxfordstraße / Kasernenstraße ein Plus. Mein erster Plus überhaupt. On revient toujours à ses permiers amours. Plus wurde meine große Liebe. Eigentlich kaufte ich all meine Lebensmittel dort, in der Kaufhalle im Mauspfad und auf dem Bonner Markt. Und was für Lebensmittel! Die günstige Plus-Pizza Salami, die ich in Ermangelung eines Backofens in der Pfanne zubereitete. Ich schwöre, das klappt richtig gut. Meine erste Tiefkühlpizza! Und Nikolaus brachte mich auf den Geschmack von Bihun-Suppe, auch Tiefkühlkost. Sherry! Den gibt es bis heute nicht bei Aldi Süd.

    Dann zog ich nach Godesberg, wo es keinen Plus gab. Auch in Kessenich nicht, dafür überall Aldi und Edeka. Aber die Wohnungen waren bei Weitem besser, ich will mich nicht beklagen. In Godesberg gab es außerdem auch Hit, das aber wahrscheinlich ein verkappter Real ist. Und die Lebensmittel der Türken und Araber, die Bioläden, all das gab es in Kleve erst viel später. Von Real sind wir bis heute verschont geblieben.

    Natürlich wurde ich nicht schutzlos und naiv aus meiner Provinz in die Bundeshauptstadt geworfen, denn ich habe ja früh erkannt, wo das richtig gute Essen und die richtig großen Supermärkte zu finden sind. Immer nur Richtung Westen, da gibt es Carrefour, Leclerc, Auchan, Casino, Monoprix, Galeries Lafayette, boulangeries, charcuteries, traiteurs, marchés, pâtisseries tunisiennes und vieles mehr. Ich hatte Émile Zolas Roman "Au Bonheur des Dames" gelesen, eine unglaublich faszinierende und moderne Studie zum Niedergang des kleinen Einzelhandels und der Entstehung großer Kaufhäuser im 19. Jahrhundert. Und ich kannte aus meiner Provinz Delikatessen, die es in der Metropole nicht gab. Pommes Frites mit Mayonnaise, Gouda mit Marmelade, Frikandeln, Pindakaas oder Rübenkraut zum Beispiel.

    Von Bonn zog ich einige Jahre später nach Lyon und lebte wie Gott in Frankreich, dann nach Kleve, wo es dann auch schon einen Plus gab.

    Nun sollte man meinen, dass ich bittere Tränen weine über den Verkauf an Netto. Wollte ich auch zuerst, aber inzwischen hat Plus so dermaßen abgebaut, dass jede Träne umsonst vergossen wäre. Leergefegte Regale, Betteln um ein Produkt, das vielleicht im Lager ist und am besten: Preise, die am Regal anders lauten als in der Kasse. Ob Dummheit oder Absicht, ich weiß es nicht, aber jeder zweite Kassenzettel war falsch.

    Und dann ein Aha-Erlebnis: Der gelbe Netto-Plus hat volle Regale, ein umfangreiches Warenangebot und ein paar Extras wie frisches Brot. Als ich am Samstag in Kalkar war, habe ich einige Kleinigkeiten bei Netto eingekauft. Und siehe da, bei einem Produkt stimmte der Preis nicht mit dem am Regal überein. Es ging um 40 Cent, der Vorgang dauerte etwa 10 Minuten und verschliss drei Damen mit unterschiedlichen Kassenbefugnissen. Derweil standen die wartenden Kunden am Band und es wurde keine zweite Kasse aufgemacht. Da war er wieder, mein Plus. Totgesagte leben einfach länger.

     


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  • Commentaires

    1
    hdorn
    Lundi 9 Août 2010 à 09:47

    unglaublich, dass du das geschafft hast, den Diskountl¨den einen Artikel zu widmen! 

    Ich bin treue Intermarché-Kundin, weil es irgendwo überall diese  Läden um die Ecke gibt, und in Lambres sind die Kassiererinnen lustig und gut drauf!! das brauche ich unbedingt beim Einkauf, denn ich hasse das!

    notabene: Täglich viele Mûnder zu stopfen ist eigentlich nie meine Vocation gewesen, gehört aber zu meinem Leben adzu! 

     

    2
    Lundi 9 Août 2010 à 12:20

    Hallo, du hast ja in der Sommerfrische ein Internet gefunden, wie schön.
     Lebensmittel einkaufen ist echt auch kein Hobby von mir, deshalb gehe ich ja dorthin, wo überall alles in der gleichen Reihenfolge aufgebaut ist und man nicht krampfhaft versucht, mich durch den ganzen Laden zu jagen, damit ich noch ein paar Spontankäufe tätige. Und bei so eingefahrenen Gewohnheiten kennt man ja auch die Preise auswendig. Das ganze ist natürlich anders, wenn ich in Frankreich einkaufe, da könnte ich stundenlang im Carrefour bleiben, gern auch in der Lebensmittelabteilung. Da sind die Waren und Regale aber auch  übersichtlich angeordnet, nicht labyrinthartig wie bei Real. (Ich HASSE Real.) Und diese netten kleinen Läden gibt es ja hier kaum noch, wenn, dann heißen sie Edeka, sind muffig und die Freundlichkeit besteht in Dummschwätzerei an der Kasse mit anderen Dumpfbacken, um den Bocholter Klatsch auszutauschen, der mich aber nicht interessiert. Dagegen sind sie frei von jeder fachlichen Ahnung. Oder Schlecker, klein, schlecht sortiert, maximal zwei Verkäuferinnen. Wenn es nur eine gibt, meidet sie jeden Blickkontakt zum Kunden, gibt es zwei, ist das noch einfacher, weil sie sich einfach miteinander unterhalten, auch und besonders während des Kassierens.
    Freundlichkeit in Geschäften ist nun echt kein deutsches Phänomen, in Frankreich kann ich auch im größten Laden mein Wechselgeld in Ruhe wegpacken, ohne dass schon die Artikel des nächsten Kunden an mir vorbei ziehen oder die Kassiererin einen Plausch mit ihrer Kollegin hält. Ach, und erst in Kanada und den USA, ich war anfangs geradezu irritiert, weil man mich freundlich begrüßte und verabschiedete, zurück in Deutschland habe ich das dann doch ziemlich vermisst.
    Gut, dass ich keine Großfamilie versorgen muss, aber deine lieben Münder sind ja recht unkompliziert zu stopfen und dankbar für jeden kleinen Luxus. Und es lebe die Schulkantine, nicht wahr? Dabei fällt mir ein, dass ich mal mit dir in einer deiner Schulen war, wo die Lehrer zum Essen einen Krug Bier bekamen und ein Kollege den auch tatsächlich getrunken hat.


    Ich werde meine Beobachtungen zu Geschäften übrigens fortsetzen, morgen bin ich ja im Osten, da soll es angeblich freundlicher zugehen. In Berlin habe ich übrigens zunm ersten Mal einen Plus mit Security vor der Tür gesehen, und das im vornehmen Wohnviertel von Anna und Alexia.


    Schöne Ferien weiterhin, hier zieht gerade die nächste Wolkenfront auf.

    3
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Lundi 9 Août 2010 à 20:21

    ..guck doch mal, ob es die DDR-"Nordsee"-Restaurantkette "Gastmahl des Meeres" noch gibt, wo du dich aufhältst. Da konnte man immer gut Fisch essen. In Görlitz gabs vor ein paar Jahren noch ein Restaurant. Überhaupt solltest du unbedingt auch nach Görlitz, da gibt es noch ein echtes Jugendstil-Kaufhaus, zuletzt war wohl Karstadt drin.

    4
    Lundi 9 Août 2010 à 21:18

    Ja, gibt es , danke für den Tipp! Und bisher das einzige Restaurant, dass nicht behauptet, schon Goethe hätte dort gespeist.

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    5
    Klara Lassdas
    Lundi 9 Août 2010 à 22:39

    Ein schöner Artikel mit intensiven Erinnerungen an Bonn, wo der Weg für die WG-Einkäufe von Fastgodesberg meist über Aldi führte. Welch ein Genuss, nach dem Studium mal richtigen Käse zu schmecken. Was hältst du von einem Gastmahl, zusammengeräubert auf dem Markt (Käse und Gemüse), im Handelshof (Fleisch, nach deinem Wunsch zur Unkenntlichkeit mariniert und zerkleinert), bei Aldi (Bio-Butter, Sahne und Creme Fraiche), aus dem Garten (Salat und Kräuter), in den Weiten des Internets (Gewürze und Öle)?
    Hab Spaß in Weimar bei Giancarlo und Dresden!

    6
    Lundi 9 Août 2010 à 23:28

    Liebe Klara, vielen Dank und dir auch ein schönes Wellness-Wochenende, lass dir schön den Pelz einölen, warme Handtücher sind bei Katzen auch sehr beliebt, nur meide das Wasser! 
    Liebe Klara, ich weiß, dass du deine Mäuse gern roh isst, vielleicht gibt es ein Mittelding zwischen roh und unkenntlich, das uns beiden schmeckt. Das ganze hört sich nach einem sehr leckeren und sehr kalorienreichen Auflauf an, da bin ich gern dabei. Soll ich dir nicht vielleicht ein paar Thüringer Würste mitbringen aus Weimar? Man sagt, auch Goethe hätte sich ab und an eine auf seinem Kachelofen gebraten.
    Und wo war deine Bonner WG-Residenz? Friesdorf? Dottendorf? Das geht doch noch als Fast-Godesberg durch.
    Schnurrige Grüße!

    7
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Mardi 10 Août 2010 à 14:00

    bei Netto muss man den Kassenzettel genau nachlesen, ist bei unseren 3-4 ex-plus-Nettos in der Nähe auch so. Und die falschen Auszeichnungen kenne ich auch...

    8
    Dimanche 15 Août 2010 à 14:10

    Liebe Pizzafan, es gibt verschiedene Pizze aus der Pfanne, die blödeste Variante ist die, bei der man die Pizza samt Pfanne in den Ofen schiebt. Braucht die Welt nicht. Dann die frisch in der Pfanne angemachte, bei der der Belag schon zubereitet sein muss und der Käse nie kross wird. Zuviel Arbeit für ein mäßiges Resultat. Dann die studentische Tiefkühlvarieante: aufgetaute Pizza mit dem Belag nach oben in eine Teflonpfanne legen und langsam erhitzen. Wenn man den Teig für fertig hält, die Pizza mit einem mutigen Schwung wenden. Das erfordert etwas Übung, gutes Augenmaß, ausgeprägte Feinmotorik und einen großen, stabilen Pfannenwender. Den Belag jetzt auch langsam garen, man kann am Schluss nochmal ein bisschen Hitze zugeben, wenn man es schön kross möchte. Dann die Pizza mit dem vorher beschriebenen Schwung auf einen großen Teller legen, möglichst mit Belag nach oben.
    Die bessere Alternative ist die Anschaffung eines Minibackofens, gibt es ab und zu bei Aldi für unter 20 €. Da passt fast alles rein, Pizza muss man eventuel durchschneiden und anpassen. ich habe den trotz des großen Backofens und benutze ihn viel öfter, um kleinere Sachen aufzubacken, aber auch für Aufläufe. Der passt noch in die kleinste Küche!

    9
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Lundi 16 Août 2010 à 21:34

    Pfannenwender? Ich hab noch bis ins Twen-Alter problemlos Omelettes durch Hochwerfen und mit der Pfanne auffangen wenden können, was bei einer Pizza durch entsprechendes Gewicht eigentlich leichter sein würde. Allerdings traue ich mich heute nicht mehr... nachdem ich aber wieder gelernt habe, über Stege und Wackelbretter rückwärts zu balancieren, teils ohne mich am Handlauf festzuhalten, geht auch das vielleicht wieder!

    10
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Lundi 16 Août 2010 à 22:54


    Versuch die Omlette-Nummer mal mit einer Pizza und lass Kornelia eine Kamera draufhalten!! Der Belag bildet ja keine Einheit mit dem Boden, deshalb kann der Pfannewender gar nicht groß genug sein.
    Und nach dem ersten Wenden bildet er evt. eine Einheit mit der Pfanne, da muss man auch ein bisschen hobeln.


    11
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Mardi 17 Août 2010 à 09:33

    Ja, die Einheit ist da, vielleicht noch nicht in den Köpfen, aber zumindest was die umgedrehten Pizzen oder Käse-Omelettes in Pfannen betrifft.

    12
    Mardi 17 Août 2010 à 10:16

    Das Omlette ist quasi ein Symbol der Ei-nh-ei-t, ist es doch aus Eiern gemacht, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen, und wenn doch mal eins anders ist und zwei Dotter hat, handelt es sich um ein eineiiges Zwillingsei, mehr Einheit geht nicht. Und will man, dass zuzammenpappt, was zusammen gehört, also Kuchenteig zum Beispiel, einfach ein paar Eier rein, schon wird alles schön einheitlich.

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