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Die Stunde der Militaristen
Ein sonniger Sonntagmorgen, im Radio DLF wird die Bundestagsdebatte übertragen. Bei der Regierungserklärung von Scholz wird mir schon ganz schummerig, dann spricht Merz und ich bin froh, dass mein Frühstück nicht hochkommt.
Mal abgesehen von dem ständigen Mal-Hü-mal-Hott, das aber jeweils als feste Überzeugung verkauft wird, kommen jetzt die Kriegsfans und Waffenhändler aus den Löchern gekrochen und präsentieren sich als selbstlose Humanisten, die nur der Ukraine und der europäischen Freiheit zu Diensten sein wollen. Als Subtext höre ich aber zu oft: Putin ist eine Ratte und tut, was er will, weil er schießt, bombt, lügt und tötet, das wollen wir auch!
Ich will das nicht. Ich will nicht, dass diese riesigen Mittel, die jetzt für das Militär lockergemacht werden, auch noch im Grundgesetz verankert werden, ich will nicht, dass Typen wie Merz sich über Moral und Friedensbewegung lustig machen im Parlament, ich will nicht, dass die Rechten aus der CDU jetzt endlich das Sagen haben in einer rot-grünen Regierung. Ich befürchte, dass Alice Weidel von der AfD klar ausgedrückt hat, wohin die Reise gehen wird. Zum Beispiel in Richtung Nutzung der Kernenergie, um unabhängiger von russischer Energie zu sein.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal Christian Lindner zustimmen würde, aber er hat ganz klar gesagt, dass nur erneuerbare Energien Unabhängigkeit bedeuten können.
Nun schlagen sich alle, wirkliche alle Parteien inklusive AfD und Linke an die Brust und rufen Mea Culpa, weil sie Putin verharmlost oder naiv falsch eingeschätzt haben. Das glaube ich ihnen eigentlich nicht, die Bilder von Aufmärschen und die Erkenntnisse der Geheimdienste waren klar genug und Biden hat sie auch teilweise offen kommuniziert, was ich für eine kluge Strategie halte, denn auch wenn Putin dennoch die Ukraine überfallen hat, so hatte man ihn doch zur Selbstentlarvung als Lügner und Aggressor gezwungen. Das hilft dabei, die Weltgemeinschaft gegen seinen Krieg zu mobilisieren. Und dann zeigt sich auch deutlich, wo große Länder wie China und Indien stehen und hinstreben. Taiwan macht sich darüber sicher keine Illusionen.
Ich finde es beschämend, wie Deutschland sich in dieser Situation verhalten hat, immer unter dem Vorwand der historischen Verantwortung und der diplomatischen Gespräche mit Russland. Keine Waffenlieferungen an die Ukraine, um sich zu verteidigen, nur Helme, sogar ein Verbot an andere Staaten, der Ukraine den alten DDR-Kram zu übergeben, das Tabu-Spiel mit Nordstream2. Deutschland als internationale Lachnummer und vehementer Verteidiger seiner wirtschaftlichen Interessen, wen sollte das eigentlich täuschen? Nun die großspurigen Erklärungen zur Kehrtwende, ich bin mir sicher, dass die Freunde in EU und NATO bei der Erkenntnisfindung geholfen haben, vielleicht auch mit Tritten und Schlägen. Geholfen hat sicherlich auch, dass überraschenderweise Putin keinen glatten Durchmarsch hinbekommen hat, wie u.a. deutsche Generäle glaubten. Es wäre aber auch schade gewesen um all die schönen Waffen, wo doch die Bundeswehr selbst nichts hat.
Ach ja, die Bundeswehr. Diese armen Soldaten, die nicht mal warme Jacken und Unterwäsche bekommen, die mit ihrem Material nicht fliegen, schwimmen und marschieren können. Auch das glaube ich nicht, zumindest am Geld kann es doch nicht liegen, vielleicht dann doch an den Generälen und Inspekteuren? Ein Heeresinspekteur hat vor ein paar Tagen bemerkt, dass die Bundeswehr blank dasteht und ihren verfassungsmäßigen Auftrag nicht erfüllen kann, die Ministerin der letzten Regierung übt sich in Selbstkritik, pardon, Wir-Kritik. Was aber macht die Bundeswehr denn mit 50 Milliarden im Jahr?
Tags : Russland, Ukraine, Krieg, Scholz, Merz, AfD
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