• Emmerder les non-vaccinés

    Thema Nummer 1 bleibt auch im neuen Jahr das Corona-Virus und die Frage der Impfung. Wie meine liebste Kommentatorin anmerkte, spreche ich mit dem Virus bereits wie mit einer alten Bekannten. Kein Wunder, im Moment ist es einfacher, mit dem Virus Kontakt aufzunehmen als mit menschlichen Freunden und Bekannten, das Virus ist in seiner neuen Variante Omikron wohl noch kontaktfreudiger als vorher. Gleichzeitig hat es offensichtlich auch Gefallen an der Menschheit gefunden und bringt nicht mehr jeden direkt um, oder es hat das Prinzip erkannt, dass man seine beste Kundschaft am Leben lassen sollte.

    Gestern hörte ich einen Mediziner im Fernsehen darüber sinnieren, dass die Impfgegner letztlich dann auf dem Wege der Infektion zur breiten Immunität beitragen würden. Anders sind sie wohl auch nicht dazu zu bewegen, eine allgemeine Impfpflicht würde daran meiner Meinung nach nichts ändern, sondern nur die Fronten verhärten. Ich habe tatsächlich jetzt schon mehrfach das Argument gehört, dass jemand sich nicht impfen lässt, weil die Politik es verlange. Viel bessere Argumente lassen sich vielleicht auch nicht finden, inzwischen ist es offensichtlich, dass die Leute nach der Impfung nicht tot umfallen oder ferngesteuert an einem neuen Weltplan arbeiten.
    Der mediale Vorteil der Impfgegner ist ihre Furchtlosigkeit, die große Mehrheit der Menschen hat einfach Angst, mit vielen anderen dicht an dicht ohne Maske und womöglich laut brüllend durch die Straßen zu ziehen. Daher sind Gegendemos auch schwierig, ein paar Versuche mit Pappaufstellern und Menschenketten gab es aber doch. Ich hätte da mal eine Idee. Da die Demonstranten bzw. Spaziergänger sich eigentlich nur mit Polizei und Medienschaffenden anlegen, sollten diese einfach mal zu Hause bleiben, nicht zur Prügelei auflaufen und auch nicht darüber berichten, was ja aus der Menge heraus immer wieder gern aggressiv verlangt wird. Dann verliert das Wort Demonstration tatsächlich seine Bedeutung und keiner muss mehr im Regen und in der Kälte spazieren gehen.

    So aggressiv und sprachlich vulgär die Rechten auch gern auftreten, so schockiert Protest gegen die Absage der Braderie in Lille, dem jährlichen Event-Flohmarktgeben sie sich, wenn das mal jemand aus der Mitte oder von oben macht. Die ganze Welt, ja, tatsächlich die ganze Welt spricht über Macrons Interview, in dem er sagte, er wolle die Nicht-Geimpften emmerdieren. Das Wort ist schwer zu übersetzen, die New York Times versucht es mit "piss off", merkt aber an, die französische Version sei vulgärer. Mit vulgärer Sprache ist man in den USA sehr sensibel. Ein deutscher Radiosender machte heute Morgen mehrere Übersetzungsversuche, gab aber zu, dass alles zu sanft klinge, denn in "emmerder" sei das Word "merde" enthalten, was, "mit Verlaub", Scheiße hieße, aber dennoch zum alltäglichen Sprachgebrauch der Franzosen gehöre. Allein an diesen Windungen kann man erkennen, dass es schon außergewöhnlich ist, dass ein Staatspräsident , und dann auch noch ein gebildeter, eleganter und wortgewandter wie der französische, sich dieser Wortwahl bedient. Und das ganz gezielt, es ist ihm nicht etwa spontan herausgerutscht, denn das Interview wurde vom Élysée-Palast abgesegnet.

    Macron hat vielleicht hoch gepokert*, indem er denkt, der Mehrheit aus der Seele zu sprechen, die sich impfen lässt und an alle Regeln hält, aber dennoch mit wirtschaftlichen und persönlichen Einschränkungen sowie vollen Kliniken zu tun hat. In Großbritannien ist es schon soweit, dass man bei Herzinfarkt und Schlaganfall über eine Stunde auf den Krankenwagen wartet, wobei auch die Intensivstationen weitgehend belegt sind. In Frankreich jedenfalls werden die Nicht-Geimpften in Zukunft weitgehend ausgeschlossen werden von Gastronomie und Unterhaltung, auch mit Tests kommen sie dann nirgendwo mehr rein. Auf der anderen Seite sind zum Beispiel FFP2-Masken und Schnelltest nur schwer erhältlich und wenn, dann recht teuer. Kürzlich hat man sich schmerzlich durchgerungen, den Verkauf solcher Tests auch für eine begrenzte Zeit im Supermarkt zuzulassen. Merde alors!

    Wie man jemanden so richtig emmerdieren kann, zeigt gerade Australien, wo Ungeimpfte nur unter besonders definierten Bedingungen einreisen dürfen, ich denke, so eine medizinische Unverträglichkeit. Die liegt aber beim Tennisspieler Novak Djokovic nicht vor, der direkt wieder ausgewiesen werden sollte, nun aber bis Montag in einem Quarantänehotel, in dem auch Asylbewerber untergebracht werden, darauf warten darf, ob sein juristischer Protest gegen die Maßnahme Erfolg hat. Unfassbar, eigentlich gelten doch immer Sonderregeln für Fußball-, Tennis- und andere Sportmillionäre.

    * Die New York Times hat eine kluge Analyse von Macrons Schritt erstellt, nach der Macron durch seine ungewöhnliche und schockierende Aussage ganz bewusst die rechten Gegenkandidatinnen und Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl in das Thema Corona und Impfung gezwungen hat, weg von ihren gewöhnlichen Themen wie Immigration und Islamismus. Mit den Themen können sie in Frankreich Stimmen fischen, während beim Impfen und Schimpfen die meisten Franzosen eher bei Macron sind. Und mit Argumenten kann man den Rechten nicht beikommen, jetzt aber haben sie Schaum vorm Mund und können nicht anders.


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