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Der Kevin-Fluch
Wer seinen Kindern das Leben schwer machen will, nennt sie Kevin oder Chantal. Diese Namen erlebten Ende der 80er Jahre einen enormen Erfolg, besonders in bildungsfernen Schichten. Natürlich verfallen auch gebildete Eltern dem exotischen Charme ausländischer Vornamen, aber sie orientieren sich weniger an Film und Musik als an klassischen Vorlagen und nennen ihre Kinder Katharina, Alexandra, Philipp, Alexander oder auch Philipp Alexander. Damit haben die Kinder schon mal die Eintrittskarte fürs Gymnasium, wogegen Kevin und Chantal mühselig auf dem zweiten Bildungsweg versuchen müssen zu retten, was nicht zu retten ist. Der Kevinismus ist ein beliebtes Thema in Lehrerzimmern, es gibt auch eine Studie der Universität Oldenburg über Vorurteile von Lehrern gegen bestimmte Vornamen. Ich fürchte aber, dass der Begriff Vorurteil hier nicht trifft, denn gerade Lehrer treffen ja auf eine Menge von Menschen mit solchen Namen und haben unbewusst aufgrund empirischer Daten ein vorläufiges Erwartungsprofil. Und das trifft bei Kevin und Chantal eben meist ins Schwarze, während ich vermute, dass der Name Alexander inzwischen kein Selbstläufer mehr ist, da die zahlreichen Alexander uns mit Piercings, Tätowierungen und lauter Musik irritieren. Mindestens. Die Alexandras sind da eine Ecke braver, kleiden sich adrett und arbeiten fleißig an Abitur und Studium.
Grenzwertig finde ich die Manie von skandinavophilen, mehr oder minder gebildeten Eltern, ihre Nachkommenschaft durchgehend Lasse, Ole und Sven zu nennen. Wer sich zu Hause ein IKEA-Kinderpardies erschafft, muss auch damit leben, dass die Brut nicht erwachsen werden will.
Gestern musste ich zur Uniklinik Essen fahren und kehrte auf dem Rückweg bei IKEA-Duisburg ein, um mich mit Lämpchen und anderem Kleinkram zu versorgen. Obwohl ich IKEA mag, belustigen mich die schwedischen Namen für alle Produkte, das anbiedernde Du auf allen Schildern und manche selbstgebastelten Gegenstände, die so häßlich heißen und aussehen wie ihre Designer.
Nett finde ich eigentlich das Restaurant, obwohl man es in Duisburg nicht so genau nimmt mit dem Abwischen der Tische, aber ich fand einen sauberen Platz am Fenster und konnte beim Essen den Durchsagen lauschen. Offensichtlich wurden gestern besonders viele Geschwisterpaare abgegeben, die dann gemeinsam aus dem Småland abgeholt werden wollen. Nun ist Duisburg bekannt für seine finanziellen und sozialen Probleme, aber das war dann doch heftig. Liebe Eltern, Chantal und Mariah (wie Carey) möchten aus dem Småland abgeholt werden. Während ich noch erschreckt darüber nachdachte, dass die Mädchen unter 10 sein müssen und die Eltern also wissen konnten, was sie da taten, kam schon der nächste Hilferuf von Melvin und Milena.
Heute Morgen las ich in der RP über eine wissenschaftliche Studie zu Vornamen, die ebenfalls zu dem Schluss kam, dass manche Namen im Leben und bei der Partnersuche hinderlich sind: "Der mehr oder minder klare Befund: Kevin, Uwe und Peter haben im Wettbewerb der Liebe keine guten Karten. Vor allem wenn man sie mit den Ergebnissen von Felix, Paul oder Lukas vergleicht. Bei den Damen liegen Hannah, Lena und Katharina in den Sympathiewerten vorne, ganz unten in der Hitliste der Namen finden sich Sylvia, Johanna und Chantal."
Gut, über Kevin und Chantal wurde schon genug gelacht, Menschen aus meinem Umfeld wissen, was oder wen ich mit diesen Namen verbinde. Eine Chantal wohnte übrigens in Kleve zeitweise in der Wohnung unter mir und eroberte die Herzen der Hausbewohner und Vermieter mit Lärm und käuflicher Liebe. Eines Tages saß sie in meinem Englischkurs am Abendgymnasium. Einen Abschluss hat sie allerdings nie erreicht, aber von Zeit zu Zeit höre oder sehe ich etwas von ihr, so dass die Legende weiterlebt.
Johanna finde ich persönlich sehr schön, im Gegensatz zu Paul, keine Ahnung, warum der Name so unbeliebt sein soll. Bei Peter und Sylvia glaube ich, dass ihnen ein Hauch von Altertümelei anhängt. Nun habe ich in einem Kurs zwei gute Studierende mit diesen Namen, bin also durchaus positiv gestimmt. Nur als vor der Nizzafahrt die Jungs aus dem damals ersten Semester wissen wollten, wie denn die Borkener Frauen so seien, empfahl ich ihnen, Peter zu fragen, weil er sie aus Französisch kennt. Da bekam ich zur Antwort: "Wenn einer schon Peter heißt, was weiß der schon!"
Und Uwe? Die RP führt als Beispiel dafür, dass man auch mit solchen Namen erfolgreich sein kann, Uwe Ochsenknecht an. Der Schuss geht aber nach hinten los. Uwe und dann auch noch Ochsenknecht, der hatte es sicherlich auch deshalb in der Schule nicht leicht. Und gab alles an seine Söhne Rocco Stark, Wilson Gonzalez und Jimi Blue Ochsenknecht weiter. Übrigens schreibt Wikipedia über Jimi Blue ausdrücklich, dass er einen Qualifizierenden Hauptschulabschluss von der Waldorfschule hat, bei den beiden anderen steht nur was von Schauspielschulen. Das Prekariat ist überall.Kleine Ergänzung am 30. Juli:
Gerade bekam ich die Rundmail eines jungen Kollegen, dessen Tochter am 29. Juli geboren ist. Das Kind heißt Romina. Also Kleine Römerin, nach dem Arabischen Granatapfel. Das ist doch ein zauberhaftes Bild.
Tags : kevin, chantal, philipp, alexander, gymnasium, ikea, namen, prekariat
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Commentaires
Da wiegt doch bei uns Félix den skandinavofilen und wikingergleichen Sören auf, jottseidank!
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Neulich, am Spielplatz in der Kölner Südstadt. Eine aufpassende Omi: "Eh, Üffes, las dat Mädsche in Rau!" Und als der dann ankam, "wie siehst du dann aus, Üffes..." Dauerte ein wenig, bis klar wurde, wie der Knabe hieß: Yves! Und die Welt wird sowieso erst besser, wenn der erste Bundeskanzler Kevin heißt.
@vom Sieg raunende: Muss es nicht "Schantalisma" heißen, wie "Phantasma" und dergl.?